Zurück in
Wien. Aber nur zum Teil, da ein guter Teil des Briefes noch in Sardinien
spielen wird. Aber lest selber.
Dass der
Mensch nach wie vor ein Herdentier ist und über weite Strecken seines Lebens
davon bestimmt wird, lässt sich nicht von jedermann bzw. jederfrau leugnen.
Wir kommen
am Flughafen von Olbia an und stellen uns, ohne viel darüber nachzudenken, an
das Ende der Warteschlage für den Check-In nach Wien. Die Schlange ist mit etwa
30 Personen vor uns noch nicht so lange, dass man sich aufregen müsste, da man
auch noch üppig Zeit bis zum Abflug hat. Und der Flughafen von Olbia hat auch
nur ein beschränktes Angebot, um die Zeit tot zu schlagen. Und es darf nicht
unerwähnt bleiben, dass die Wartenden bei zwei geöffneten Schaltern abgearbeitet
wurde.
Und hier
tritt das erste Mal so etwas wie ein Fragezeichen im Kopf einer neu zur
Warteschlange stoßenden jungen Mutter (oder Schwester) von zwei Kindern und
massig Gepäck auf einem Wagerl auf. Man kann es formlich sehen wie sie sich
anstrengt und sich folgende Frage im Inneren ihres von blondiertem Haar
geschützten Köpfchen formt: „Wieso steht denn da niemand beim zweiten Schalter
an???“. Ich hab extra drei Fragezeichen gemacht, weil das Denken offensichtlich
sehr anstrengend war und die Antwort auf sich warten ließ. Noch etwas unsicher,
aber trotzdem zielstrebig in Richtung zweiten Schalter unterwegs, lässt sie die
Warteschlage links liegen (im konkreten Fall war es rechts, aber das tut ja
jetzt eh nichts zur Sache, ich wollte nur mal wieder einen Kommentar anbringen,
ansonsten würde sich das Ganze ja viel zu flüssig lesen ;-) ) und grübelt nach
wie vor an der Frage. Vorne am Schalter angekommen bezieht sie einmal Position,
um die Sachlage zu sondieren und in Ruhe über die Lösung der Frage zu
sinnieren. Das geht eindeutig besser, wenn man nicht gleichzeitig ein Wagerl
mit Gepäck schieben muss. Die Kinder im Schlepptau sind überraschend ruhig und
nehmen die Schwierigkeiten ihrer Begleiterin nur peripher wahr. Stören also
nicht beim Denken, falls sich einer darauf ausreden möchte ;-).
Die
Warteschlange ist noch überraschend ruhig und lässt Blondie (ja, ist jetzt
eindeutig abwertend und auch so gemeint, obwohl sie wahrscheinlich nichts dafür
kann) mal einfach dort stehen. Selbst jene, die als nächstes am zweiten Schalter
dran kommen verhalten sich ruhig. Aber es geht ja auch keiner davon aus, dass
sich Blondie jetzt an allen vorbei an den zweiten Schalter stellt und glaubt
als nächstes dran zu kommen. Das wäre zu weit hergeholt. Auf der anderen Seite
darf man schon auch diejenigen die die Spitze der Warteschlange bildeten
kritisieren, da sie einem offensichtlich hilflosen Wesen nicht die gebührende
Hilfe angedeihen haben lassen.
Die Antwort
auf die bis dato ungelöste Frage von Blondie wurde aber auch ohne viele Worte
durch das Vorrücken der nächstgereihten in der Warteschlange zum zweiten
Schalter beantwortet. Nur begleitet von bösen Blicken, als sich Blondie wirklich
anschickte ihr Wagerl zum zweiten Schalter zu schieben.
Nun kann man
natürlich darüber diskutieren, ob das System mit nur einer Warteschlange das
effizientere ist oder nicht. Aber nicht zu diskutieren ist, dass es das fairste
System ist. Man kommt genau in der Reihenfolge dran, wie man sich angestellt
hat. Nicht früher, aber auch nicht später. Diese Warteschlange ist mit dem FIFO
Speicherkonzept vergleichbar. First in first out. Der einzige wirkliche
Nachteil dieser Variante ist, dass der Raum für die Wartenden nicht optimal
genutzt werden kann. Zumindest nicht ohne die Warteschlange in vorgegebene,
geordnete Bahnen zu lenken.
So kommt es,
dass Blondie das Konzept der einen Warteschlange zumindest vorläufig verstanden
hat und macht sich zurück am Weg zum Ende der Warteschlange, das mittlerweile
natürlich erheblich weiter hinten liegt, als dies bei der Ankunft von ihr der
Fall war.
Just in
diesem Moment wird vom Personal die zweite Schlange eröffnet, weil die
Warteschlange bereits den halben Terminal durchläuft. Blondie dreht sich,
gerade am Ende der Schlange angekommen, um und kann es nicht glauben. Gerade
eben wurde ihr das Konzept klar und im selben Moment löst sich die gesamte
Erkenntnis wieder in Luft auf.
Es ist nicht
immer einfach sich in der Welt zurecht zu finden und schon gar nicht, wenn sich
alles ständig ändert. Aber sobald sich das System der einen Warteschlange bei
uns durchgesetzt hat, wird das Leben von so manchem einfacher. Bei unserer Post
kann man da schon anfangen zu üben, falls man sich noch unsicher sein sollte.
In der Hoffnung, dass sich noch mehrere Nachahmer und Nachmacher des Systems
bei uns finden, verbleibe ich mit lieben Grüßen,
Stefan
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