Sonntag, 22. September 2013

4. Sardischer Brief 2.0

Heute gibt’s mal wieder eine Prämiere im Rahmen der Wiener Briefe 2.0, einen Kurzbrief. Ich bin zwar normalerweise niemand der mit Kritik umgehen kann, aber in diesem Fall nehme ich sie gerne an und setzte sie auch gleich auf meine Art um.

Das nach wie vor alles beherrschende Thema ist natürlich nach wie vor Sardinien und der schon wieder eine gefühlte Ewigkeit zurückliegende Urlaub eben dort. Und der gewählte Titel würde ansonsten ja auch nicht sonderlich viel Sinn machen.

Heute gibt’s einen kurzen Ausflug in die nicht immer zuvorkommende Gastfreundschaft und die lokale Infrastruktur generell. Italiener sind nicht freundlich, zumindest hat man das Gefühl, dass das nicht der Fall ist, solange es nicht notwendig ist. Ich bezeichne mich nicht als Italien-Expert, das wäre wohl mehr als verwegen und ich müsste dafür mehr Zeit mit Italien und deren Einwohner verbringen als mir persönlich lieb ist. Es gibt natürlich wie überall auch hier Ausnahmen. Die meisten, wenn ich es mir recht überlege war es eigentlich genau einer, ist mir in meiner Berufslaufbahn über den Weg gelaufen (ciao Massimo). Aber aus meiner Erfahrung mit Land und Leute ist Gastfreundschaft zumindest keine angeborene Eigenschaft. Da war die Aufnahme bei den Fischköpen noch warmherziger. Auch hier gleich meine Entschuldigung dafür, dass ich diesen echt fiesen Begriff für die nördlichen Bewohner unseres Nachbarn verwende. Und nein, da fehlt kein „f“ in Fischköpen.
Zumindest gelang es mir bei unseren Bestellungen von Weißwein, ausschließlich Weißwein eingeschenkt zu bekommen. Das war nicht überall auf meinen Reisen der Fall. Und dieser schmeckte in der Regel auch von ganz passabel bis sehr gut. Also der Tischwein, der Wein auf unserem Balkon aus dem Supermarkt (und nein, da war kein Lidl in der Nähe) korkte etwas. Aber das führe ich auf den mit Toilettutensilien in die Flasche gedrückten Korken ;-). Das muss ich den Sarden lassen, wenn sie Wein in normal große Flaschen füllen, dann gibt’s immer einen Korken drauf. Die einzigen Gebinde, die mit Schraubverschluss zu haben waren, haben sowohl den Verkauf in mindestens 3 Liter großen Flaschen aus Plastik als auch den Schraubverschluss verdient. Ich gehe davon aus, dass daraus Essig gewonnen wird.
Lange Zeit hatte man als Italientourist mit den dort für gewöhnlich anzutreffenden sanitären Einrichtungen zu kämpfen. Man vermied es einfach im Urlaub auf die Toilette zu gehen. Also zumindest wenn man nicht aus Afghanistan oder der Republik Kongo (ich hab mir nicht die Mühe gemacht, nachzusehen wie der zentralafrikanische Staat aktuell heißt, da der Name morgen ja ohnehin wieder mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr gilt. Die Botschaften und Konsulate dort haben nur die Aufgabe, den jeweils neuen Namen an ihre Heimat zu übermitteln und sind damit wahrscheinlich völlig ausgelastet) anreiste. Nicht das ich die dortigen sanitären Einrichtungen persönlich kennen würde, beide Länder stehen frühestens nächstes Jahr am Urlaubsplan ;-), nein, hier verlasse ich mich rein auf mein Gefühl und die Gerüchte die man so hört.
Und damit das klar ist: Ein Loch im Boden ist nur im Ausnahmefall eine Toilette. Egal ob es dort Wasser und / oder Papier gibt. Es reicht einfach nicht. Wir haben uns in den letzten Jahrzehnten auch auf diesem Gebiet weiterentwickelt. Und siehe da, zumindest auf Sardinien war dieser Fortschritt bis auf das kleinste und abgeschiedenste stille Örtchen das wir besuchten zu sehen.
Trotzdem darf eine kleine diesen Brief abschließende Episode nicht fehlen. Der Weißwein tat in einem recht vornehm wirkenden Lokal direkt am Strand seine Wirkung. Also nicht nur die berauschende sondern in diesem speziellen Fall die, dass Wein zu fast 100% aus Wasser besteht, das der Körper nur in den Beinen und damit auch nur begrenzt speichern kann, und eben dieses Wasser wieder auf geordnete weise den Körper verlassen möchte. Also wird die „Wasserstelle“ aufgesucht. Die kurze Suche führt aber schon in den sandbedeckten Bereich des Lokals, den die Einheimischen gerne „Strand“ oder so nennen. Also wieder zurück und fragen. Si, Nummero 6. Aha, die Tür Nummer 6 soll es also sein. Die Frage, ob er sich nicht doch noch für eine andere Türe entscheiden möchte, versteht er zum Glück nicht. Bei derartiger Dringlichkeit zu spaßen grenzt an Dummheit, ich weiß.
Also zurück Richtung Sand und rein in Nummero 6. Ist ja für viele eine Glückszahl. Zumindest denken das viele. Ich aber glaube, da wird an eine andere Schreibweise gedacht, was keine Ziffer mehr im eigentlichen Sinn ergibt. Egal, ich schweife schon wieder ab und merke gerade, die Prämiere mit dem Kurzbrief verschieb ich mal lieber auf ein anderes Mal ;-).
Nummero 6 stellt sich als sehr geräumig heraus. Das lässt sich aber nur erahnen, da die Versorgung im inneren der Räumlichkeit mit Photonen in einer Wellenlänge die sie für unser Auge sichtbar macht mehr als bescheiden ist. Also stößt man an so ziemlich jeden Gegenstand der hier herumsteht. Nicht dass viel herumstehen würde, aber Waschbecken, Seifen- und heiße Luftspender und die Keramik an sich, sowie das leise vor sich hin fluchen reicht aus, um andere Besucher der Örtlichkeit ohne zu Fragen umkehren zu lassen und alles dringende bis zum Hotelzimmer zu unterdrücken. Die sich gebildete Schlange löst sich schlagartig auf und es herrscht Stille vor der Tür. Noch.
Jener Schalter der in den bis dato besuchten stillen Örtchen das Wasser frei gibt und es so ermöglicht, den Ort guten Gewissens an weitere Gäste weiterzugeben, löst einen Alarm aus. Es schrillt also eine Sirene los. Zum Glück verstummt diese, wenn man den Knopf wieder freigibt. Und zum Glück reagieren die Mitarbeiter im Lokal wie jene die einen Autoalarm hören: Sie ignorieren ihn und warten bis er verstummt ist. Das war in diesem Falle zwar Glück, aber falls hier mal wirklich jemand Hilfe auf der Behindertentoilette benötigen würde, muss er wohl im Lokal anrufen.
Ich bestellte uns auf diesen Schock noch zwei Gläser vom ausgezeichneten Weißen und war froh, dass ich noch nicht so dringend auf die Toilette musste ;-).

Stefan
p.s. Falls da jemandem noch was fehlen sollte, ja, der Knopf für die Spülung wurde nicht nur gefunden sondern auch betätigt, und er hat seine Aufgabe zur vollsten Zufriedenheit erfüllt.

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