Ich: Wir schreiben heute bereits die Nr. 14 Deiner allseits
beliebten Wiener Briefe und finden nach wie vor regelmäßig neue Einträge. Woher
nimmst Du die Ideen für Deine Briefe?
Stefan: Viellicht sollten wir zu Beginn, nur um die professionelle
Distanz zu wahren, auf das Du verzichten und beim Sie bleiben. Danke. Den Namen
„Wiener Briefe“ sollte ich mir eventuell auch schützen lassen, nicht dass da
ein Dahergelaufener anfängt unter einem ähnlichen oder gar gleich lautendem
Blog meine Saat zu ernten und den ganzen Ruhm und vor allem die ganze Kohle
einfährt. Aber zurück zu ihrer Frage. Ich bin mir nicht sicher, ob ich hier in
der Fragestellung nicht schon leichte Skepsis heraushöre, was die Authentizität
meiner Briefe betrifft. Und wenn ich schon am Kritisieren bin, es ist zwar der
14. Wiener Brief, aber es ist der 14. Wiener Brief 2.0 und es gibt zusätzlich 5.
Barcelonesische Briefe. Das nur der Vollständigkeit halber.
Ich: Ja, richtig, auch Ihr Erstlingswerk als Buch sollte
nicht unerwähnt bleiben. Aber dazu später noch. Das mit der Fragestellung war
bestimmt nicht beabsichtigt und es tut mir leid, falls dieser Eindruck
entstanden sein sollte. Ich versuche die Frage anders zu formulieren. Woher
nehmen Sie die Ideen für Ihre Briefe?
Stefan: Na also, geht doch. Also, die Realität sieht so aus,
dass ich den Großteil der in den Briefen beschriebenen Geschichten natürlich
nicht selber erlebt habe, sondern die sind einem guten Freund eines Bekannten
meiner Stieftante passiert. Er ist es auch, der so viel trinkt. Wobei trinken
ja wichtig ist, sagt mein Arzt. Und der hat mir schon zumindest einmal mein
Leben gerettet (siehe 4. Wiener Brief). Hätte ich all das am eigenen Leibe
erfahren, ich bin mir nicht sicher, ob ich dann noch in der Lage wäre die
Vielzahl an verschiedenen Buchstaben unseres Alphabets so aneinander zu reihen,
dass es am Ende Wiener Briefe werden. Die von meiner Leserschaft so geschätzt
werden.
Ich: Verraten Sie uns wer diese ominöse Bekannte ist?
Stefan: Nein.
Ich: Sie haben nun schon wie erwähnt ein Vielzahl von
Einträgen veröffentlich. Wie lange schreiben Sie an so einem Eintrag
durchschnittlich? Und bleibt Ihnen noch Zeit für ein Privatleben?
Stefan: Zwei Fragen auf einmal?
Ich: Ok. Wie lange schreiben Sie an einem Eintrag?
Stefan: Das kann natürlich nicht pauschal beantwortet
werden. Jeder Eintrag für sich ist ein kleines Meisterwerk und benötigt seine
Zeit. Aber es ist wie in jeder Kunstform, die Qualität steht in keinem
Zusammenhang mit der Zeit für die Erstellung. Manchmal setzte ich mich hin und
veröffentliche nur Minuten später einen Eintrag, den man noch Monate lang
später hitzig diskutiert und zum Beispiel
wegen seiner genialen Komposition oder des Wortwitzes wegen über alles
lobt. Andererseits sitze ich oft tagelang und bringe nur mit Müh und Not einen
Eintrag zustande, der zwar auch heftig diskutiert wird, aber nicht sonderlich
positiv und am nächsten Tag schon wieder der Vergangenheit angehört. Das ist
natürlich bitter, aber man setzt sich ja auch nicht hin und sagt sich, so jetzt
schreibe ich. Nein, das wird bis ins kleinste Detail geplant und da setzt man
sich natürlich auch mit solchen Situationen auseinander. Nicht das sie dadurch
besser werden, aber man ist in gewisser Weise vorbereitet.
Ich: Und jetzt zu Ihrem Privatleben.
Stefan: War das schon die Frage?
Ich: Ja.
Stefan: Also was jetzt?
Ich: Tschuldigung. Sie verbringen offensichtlich sehr viel
Zeit, um Ihrer Berufung nachzugehen. Wie viel Zeit bleibt Ihnen für Privates?
Stefan: In der Tat, gut 16 Stunden, 7 Tage die Woche und 50
Wochen im Jahr, der Rest ist Urlaub, wird schreibend verbracht. Da bleibt
natürlich kaum Zeit für Privates. Aber ich habe den Vorteil, quasi von der
Natur bevorzugt, dass ich mit knapp 17 Minuten Schlaf am Tag auskomme. Das
heißt aber auch, dass ich knapp 8 Stunden für Privates verwenden kann.
Ich: Sie bleiben sehr wage.
Stefan: Bewusst.
Ich: Aha. Nicht wenigsten einen kleinen Einblick in Ihr
Privatleben?
Stefan: Lesen Sie meine Briefe?
Ich: Ähm, ja. Wieso?
Stefan: Ach, nur so.
Ich: Wir haben kurz schon Ihr Pensum angesprochen. Neben
Ihren Briefen kennt man Sie ja mittlerweile als Buchautor. Wie erfolgreich war
Ihr Erstlingswerk „Der junge Mann und das Meer?
Stefan: Was heißt hier war? Wenn schon so eine indiskrete
Frage, dann bitte richtig. Das Buch ist durchaus erfolgreich. Und bitte reduzieren Sie Erfolg
nicht auf Materielles. Ich werde Ihnen keine Verkaufszahlen bzw. Erlöse nennen.
Diese Dimensionen spielen für einen Autor nur ungeordnete Rollen.
Ich: Aber können Sie davon leben?
Stefan: Wenn Sie mir „leben“ definieren können, könnte ich
die Frage eventuell beantworten. Aber bitte sparen wir uns das und gehen zu
interessanteren Fragen über. Falls Sie welche haben sollten?
Ich: Vielen Dank für den Stellenwert, den Sie mir in diesem
Interview zugestehen, aber ich bin nur Mittelsmann und trage Ihnen quasi nur
die Fragen Ihrer Leser vor.
Stefan: War schon klar, dass Sie sich die nicht selber
ausdenken.
Ich: Wann dürfen wir mit einem neuen Buch von Ihnen rechnen.
Stefan: Eigentlich jeder Zeit. Fast alles könnte der
Auslöser sein, ein neues Buchprojekt anzugehen.
Ich: Das heißt, aktuell gibt’s es kein konkretes Projekt?
Stefan: Nein.
Ich: Fehlt es an Eingebungen?
Stefan: Nie.
Ich: Aber was ist, wenn Ihnen mal nichts einfällt?
Stefan: Nichts leichter als das, sollte der völlig
theoretische Fall eintreten, dass mich die Muse nicht küsst, also wie gesagt,
rein theoretisch, so schreib ich einfach ein Interview mit mir selbst.
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