Mittwoch, 14. August 2013

12. Wiener Brief 2.0

„Sterndal schaun“.

Mehr brauche ich dazu ja wohl kaum sagen, oder? All jenen die doch noch etwas mehr Information brauchen seien die folgenden Zeilen gewidmet.

Es ist August und damit Hochsaison für astronomische Aktivitäten. Die Erde durchquert in dieser Zeit die Bahn des Kometen Swift-Tuttle, oder wie wir Kosmonauten ihn nennen: 109P. Da die kleinen Teilchen die der Komet auf seiner Reise durchs Weltall verliert in unserer Atmosphäre quasi auf der Stelle verdampfen (zum Glück) und damit einen ionisierten Kanal bilden, können wir diesen bei dessen Rekombination als sogenannte Sternschnuppen wahrnehmen. Das war zugegebenermaßen sehr viel gescheites Zeugs, dass ich mir aber nicht aus den Fingern gesogen habe, auch habe ich es nicht gewusst (außer vielleicht das mit der Rekombination der Ionisierten Teilchen mit der Atmosphäre ;-) ), sondern brav ausm Internet abgelesen hab. Könnt ihr übrigens auch, nur so als Tipp ;-).

Aber mit Sternschnuppen verbinden wir ja nicht nur den wissenschaftlichen Teil (wenn das der Fall sein sollte, bitte das Leben von Grund auf umstellen), sondern vor allem den Romantischen. Da Sternschnuppen relativ selten sind, darf man sich, wenn man dem Volksglauben Glauben schenken darf, etwas Wünschen. Nur Vorsicht, der Wunsch darf nicht laut ausgesprochen werden. Von niederschreiben weiß ich aber nichts.
Bei einer erwarteten Sternschnuppendichte von 100 Sternschnuppen pro Stunde zum Höhepunkt der Durchquerung des Kometenschweifs bietet es sich an, die Gunst der Stunde zu nutzen und mal ein paar Wünsche vorzubereiten, oder zumindest die Rahmenbedingungen fürs Wünschen zu schaffen. Ich, an und für sich, bin ja wunschlos glücklich.
Um den erwähnten Rahmen zu schaffen, kauft man mal schnell Sandwichbrot, Rohschinken in fast jeder erdenklichen Ausführung, Käse (nicht so viel, den mag ich nicht so), Räucherfisch, Tomaten Paprika, Erdbeeren, Sprühschlag aus der Dose (gezuckert) und ein außerordentlich gutes Flascherl Wein. Ich schlage hier den südsteirischen Sauvignon Blanc „Therese“ vor. Nicht billig, aber jeden Cent wert. Es würde zwar theoretisch auch mit anderen Weinen funktionieren, aber eben nur theoretisch ;-). In weiterer Folge kombiniert man die käuflich erworbenen Zutaten geschickt miteinander und kommt hoffentlich zu einem Ergebnis das einem Picknickkorb würdig ist. Wenn man jetzt noch an Kerzen und Zünder denkt, hat man schon gewonnen was die Romantik betrifft. Wenn man an die möglichen essenstechnischen Sauerrein denkt, macht eine Küchenrolle fast noch mehr Sinn ;-).
Hat man keinen Picknickkorb zur Hand so tu’s auch eine Sporttasche ;-). Noch ein paar Handtücher zum Draufliegen rein, zwei Weingläser (das muss sein, wenn ihr euch für den vorgeschlagenen Wein entschieden habt, bei einer Supermarktplörre tut‘s auch der Pappbecher), die Süße untergehakt und ab geht’s. Aber wohin? Einfach so losgehen und sich auf ne Wiese legen ist in diesem speziellen Falle natürlich nicht möglich. Es bedarf der genauen Vermessung der in Frage kommenden Plätze. Frei Sicht auf die Sternschnuppen ist für das Unterfangen ja von essentieller Bedeutung.
Die Erscheinung heißt unter uns Kosmonauten auch Perseiden, weil es so wirkt, als ob die Sternschnuppen direkt aus dem Sternbild des Perseus auf uns zu kommen (das befindet sich fast direkt unter dem Stern Kassiopeia). Dieses geht NNO-lich (nornordöstlich, das ist zwischen Nord und Nordost) in den Abendstunden auf und wandert langsam Richtung NO und steigt dabei höher. Der Höhepunkt der Sternschnuppendichte wurde mit 22:00 vorausgesagt. Das bedeutet, dass es sich relativ knapp übern Horizont in NNO-licher Richtung befinden wird.
Nicht nur die Astronomischen Daten sind für die Wahl des Beobachtungsplatzes ausschlaggebend, es sollte ebenso der Faktor der Entfernung von der Wohnung/ vom Haus Berücksichtigung finden, zumindest wenn man, wie wir, zu Fuß unterwegs sind. Die bis oben vollgestopfte Picknicksporttasche wiegt ungefähr 20kg.
Sind die Vorbereitungen abgeschlossen geht’s los in Richtung Wiese. Den kurzen Regenschauer, der nur Minuten vorm Losgehen noch niedergeht, versucht man zu ignorieren bzw. redet sich zu diesem Zeitpunkt noch erfolgreich ein, dass der Himmel jetzt so gut wie leer sein muss. Weit gefehlt. Trockenen Fußes erreicht man die Wiese seiner Wahl, nur um festzustellen, dass der Park in dem die Wiese liegt um 22 Uhr schließt. Is blöd, aber kein Beinbruch. Hier in Wien haben wir auch in der Innenstadt eine schier endlose Auswahl an Wiesen. Und wir finden in nächster Umgebung auch eine, die sich eignet und nicht um 22 Uhr Sperrstunde hat.
Durch den kurzen Regenschauer hat sich das mitn Hinlegen in die Wiese auch erübrigt. Wir suchen uns ein Bankerl (auch hier wieder ganz bewusst die Verniedlichungsform, da die Dinger echt nicht viel Platz bieten, also picknicktechnisch). Streng nach den ausgearbeiteten Parametern achte ich natürlich darauf, dass diese richtig ausgerichtet ist. Schnell ist eine gefunden und mit dem mitgebrachten Handtuch trocken gelegt. Und schon wird das Buffet aufgebaut und der Wein entkorkt. Das ist auch der Moment, als ich merke, dass wir genau unter einer Laterne sitzen. Das ist jetzt für ein Picknick nicht gerade von Nachteil, weil man sieht was man isst, aber sternbeobachtungstechnisch ist das ja wohl ein Supergau.
In unserem Fall von „Sterndal schauen“ war es jetzt auch nicht so schlimm, weil sich der Himmel immer mehr mit Wolken gefüllt hat und im Speziellen tat er das in Richtung NNO. Wir haben noch verzweifelt versucht uns den Himmel schön zu trinken (bei diversen Veranstaltungen konnte ich diese Methode der Wetterbeeinflussung schon mehrfach positiv verifizieren), hatte aber in dieser Nacht leider keinen Erfolg. Da half selbst die vollständig entleerte Flasche des vorzüglichen Weins nichts. Gegen 22:00 mussten wir die Segel streichen, da sich der Himmel nicht nur mit Wolken gefüllt hat, nein, es waren ganz spezielle Wolken mit so viel Wasser drin, dass sie es uns ausgeschüttet haben. Es hatte nächtelang Temperaturen von 25°C und mehr und wir hätten uns über etwas Regen gefreut, aber just in dieser Nacht zu diesem Zeitpunkt, das klingt für mich schon wieder nach einer Art Verschwörung.
Fazit dieser Nacht: Selbst die beste Planung (und meine war echt gut) tut sich (noch) bei höherer Gewalt schwer. Aber selbst widrigste Umstände können nicht verhindern, dass man einander nicht noch näher kommt. Viel Spaß beim Sterndal schauen im August 2014.
Stefan

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